Inflation und die Auswirkungen auf den Versicherungssektor – ein Interview mit Dr. Wolfgang Kuckertz und Roland Budzisch

Datum: 12.07.2024 | Autor: Dr. Wolfgang Kuckertz | Kategorie: E-Learning / KI, Versicherungen

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Einführung in die Thematik

Dr. Wolfgang Kuckertz und Roland Budzisch diskutieren in ihrem Interview die tiefgreifenden Auswirkungen der Inflation auf den Versicherungssektor. Mit einer Inflationsrate von 5,7 % im Jahr 2023, verglichen mit dem Inflationsziel der EZB von 2 %, ist die reale Inflation erheblich höher. Dies stellt Versicherungsunternehmen vor vielfältige Herausforderungen, die von der Nachfrage nach Versicherungsprodukten bis hin zu den Betriebskosten reichen.

Welche Versicherungssparten sind betroffen?

Roland Budzisch betont, dass die gesamte Versicherungsbranche von der Inflation betroffen ist. Dies betrifft nicht nur die Versicherungsnehmer und die Versicherungsgesellschaften, sondern hat auch volkswirtschaftliche Auswirkungen, die private Haushalte, Unternehmen und die Wirtschaft im Allgemeinen betreffen. Hier sind die wesentlichen Bereiche, die unter der Inflation leiden:

Kapitalanlagen und die Unsicherheiten durch Inflation

Wie beeinflusst die Inflation die Kapitalanlage der Versicherer?

Die Inflation stellt für Versicherer eine erhebliche Herausforderung dar, insbesondere in Bezug auf die Kapitalanlage. Versicherungsunternehmen sind darauf angewiesen, die Prämien ihrer Kunden gewinnbringend zu investieren, um die zukünftigen Verpflichtungen aus Schadensfällen und Versicherungsleistungen abdecken zu können. Die Inflation wirkt sich auf mehrere Ebenen dieser Kapitalanlage aus und führt zu einer Vielzahl von Unsicherheiten.

Kalkulations- und Prognoseunsicherheiten

Die Inflation sorgt für erhebliche Kalkulations- und Prognoseunsicherheiten bei den Versicherern. Da weder die Dauer noch die Höhe der Inflation vorhergesagt werden können, ist es für Versicherungsunternehmen schwierig, präzise langfristige Pläne zu erstellen. Diese Unsicherheiten beeinflussen die Planungssicherheit und erschweren es, stabile Erträge zu prognostizieren.

Einfluss steigender Zinsen auf Neuanlagen

Steigende Zinsen sind eine häufige Reaktion der Zentralbanken auf hohe Inflationsraten, um die Geldmenge zu kontrollieren und die Inflation zu bremsen. Für Versicherer bedeutet dies, dass die Erträge aus Neuanlagen tendenziell höher ausfallen, da sie in Anleihen und andere festverzinsliche Wertpapiere investieren können, die nun höhere Zinssätze bieten. Dies könnte theoretisch zu einer Verbesserung der Kapitalerträge führen, was positiv für die Deckung der zukünftigen Verbindlichkeiten ist.

Probleme mit bestehenden Anlagen

Bestehende Anlagen, die zu niedrigeren Zinsen abgeschlossen wurden, verlieren an Wert, wenn die Zinssätze steigen. Dies führt zu sogenannten „stillen Lasten“ in den Bilanzen der Versicherer. Stille Lasten entstehen, wenn der Marktwert der festverzinslichen Wertpapiere unter den Buchwert sinkt. Da diese Papiere meist bis zur Fälligkeit gehalten werden, müssen diese Verluste nicht realisiert werden, dennoch mindern sie das buchhalterische Eigenkapital der Versicherer.

Abschreibungen und bilanzielle Auswirkungen

Versicherer müssen Abschreibungen vornehmen, wenn der Marktwert der bestehenden Anlagen signifikant unter den Anschaffungswert fällt. Diese Abschreibungen belasten die Gewinn- und Verlustrechnung und können die finanzielle Stabilität des Unternehmens beeinträchtigen. Versicherer versuchen daher, diese Verluste zu minimieren, indem sie ihre Anlageportfolios strategisch umschichten und diversifizieren.

Strategien der Versicherer zur Bewältigung der Inflation

Versicherer verfügen über verschiedene Strategien, um den Herausforderungen der Inflation zu begegnen und ihre Stabilität zu wahren:

Diversifikation des Anlageportfolios: Durch eine breite Streuung der Investitionen über verschiedene Anlageklassen wie Aktien, Anleihen, Immobilien und alternative Investments können Versicherer das Risiko mindern. Diversifikation hilft, die Abhängigkeit von einzelnen Anlageklassen zu reduzieren, die besonders stark von Zinsänderungen betroffen sind.

Anpassung der Anlagestrategien: Versicherer können ihre Anlagestrategien anpassen, um von den steigenden Zinsen zu profitieren. Dazu gehört die Umschichtung von Anlagen in Wertpapiere mit höheren Zinssätzen und die Vermeidung von langfristigen, festverzinslichen Anlagen, die bei steigenden Zinsen an Wert verlieren.

Verwendung von inflationsindexierten Anleihen: Inflationsindexierte Anleihen sind eine Möglichkeit, sich gegen die Auswirkungen der Inflation abzusichern. Diese Anleihen bieten Zinserträge, die an die Inflationsrate gekoppelt sind, wodurch die Kaufkraft der Erträge erhalten bleibt.

Einsatz von Derivaten: Derivate können als Absicherungsinstrumente eingesetzt werden, um sich gegen Zinsänderungsrisiken und Inflationsrisiken abzusichern. Beispielsweise können Versicherer Zinsderivate nutzen, um sich gegen steigende Zinsen abzusichern.

Regelmäßige Überprüfung und Anpassung der Prämien: Versicherer müssen ihre Prämienkalkulation regelmäßig überprüfen und an die aktuellen wirtschaftlichen Bedingungen anpassen. Durch die Implementierung von Prämienanpassungsklauseln können Versicherer sicherstellen, dass die Prämien die steigenden Kosten aufgrund der Inflation widerspiegeln.

Verlängerung der Haftzeiten: Um die Auswirkungen von Schadeninflation und Betriebskosten zu kompensieren, können Versicherer die Haftzeiten verlängern. Dies bedeutet, dass Versicherungsnehmer eine höhere Selbstbeteiligung tragen müssen, was die Belastung der Versicherer verringert.

Optimierung der Betriebskosten: Versicherer können durch die Optimierung ihrer internen Prozesse und die Implementierung von Effizienzsteigerungen die Betriebskosten senken und somit die Auswirkungen der Inflation abmildern.

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